Aktuelles

Weiterführung Home-Office

Verantwortliche im Homeoffice aktualisiert die Fristen der Unterstellungsregelungen bei Homeoffice für Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland.
Verantwortliche prüft die Gültigkeit der Unterstellungsregelungen bei Homeoffice für Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland.

Sachverhalt/Problematik

Im Zuge der Corona-Krise haben viele Firmen ihre Mitarbeitende im Home-Office arbeiten lassen. Auch wenn die Home-Office-Empfehlung des Bundesrats seit dem 22. Juni 2020 nicht mehr gilt, wurde und wird das Home-Office bei vielen Mitarbeitenden weitergeführt.

Gerade bei Mitarbeitenden mit Wohnsitz im Ausland – also insbesondere bei Grenzgängern und Wochenaufenthaltern – die für ein Schweizerisches Unternehmen arbeiten, kann die Weiterführung von Home-Office eine Reihe von sozialversicherungsrechtlichen, steuerlichen und rechtlichen Fragestellungen aufwerfen und einschneidende Konsequenzen für die Praxis haben. Während der aussergewöhnlichen Situation der Krise wurden im Ausland wohnhafte Arbeitnehmende, die daran gehindert wurden, ihre Tätigkeit physisch in der Schweiz auszuüben, aufgrund internationaler Vereinbarungen dennoch als in der Schweiz erwerbstätig betrachtet. Deshalb bestand in dieser Zeit keinen Handlungsbedarf bezüglich Steuern und Sozialversicherung. Inzwischen ist aber bekannt, dass die flexible Anwendung der Unterstellungsregeln nur noch für eine beschränkte Zeit weitergeführt werden kann, z.B. im Verhältnis Schweiz-Deutschland bis zum 31.12.2020, im Verhältnis zu Frankreich und Österreich nur noch bis zum 31.08.2020.

Die praktische Tragweite der Weiterführung des Home-Office für Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland sollten daher rechtzeitig bedacht werden.

Achtung: nachfolgend werden die möglichen Auswirkungen beispielshaft und teilweise vereinfacht dargestellt. Nur eine konkrete Analyse des Einzelfalls gewährt die richtige Anwendung der entsprechenden Regeln. Falls Sie Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland beschäftigen, die weiterhin im Home-Office arbeiten werden, kontaktieren Sie uns bitte.

Sozialversicherung

Zwischen der Schweiz und den Staaten der Europäischen Union gilt die Vereinbarung, dass die Bürger dieser Länder nur in einem Land sozialversicherungspflichtig sind. Dies ist in erster Linie der Arbeitsort (Erwerbsland). Deshalb ist z.B. eine in Deutschland wohnhafte Person, die in der Schweiz arbeitet, (nur) in der Schweiz sozialversicherungspflichtig. Übt nun diese Person ihre Erwerbstätigkeit aufgrund des Home-Office in zwei Ländern (Deutschland und Schweiz) aus, wovon eines der Wohnsitzstaat (Deutschland) ist, gilt die Regel, dass die Person im Wohnsitzland sozialversicherungspflichtig wird, wenn sie da einen wesentlichen Teil ihrer Erwerbstätigkeit ausübt. Unter «wesentlich» wird ein Anteil von mindestens 25% verstanden. Sobald also ein in Deutschland wohnhafter Grenzgänger seine Erwerbstätigkeit zu 25% oder mehr im Home-Office ausübt, wird er für sein Erwerbseinkommen in Deutschland grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Die bisherige sozialversicherungsrechtliche Unterstellung in der Schweiz fällt sodann weg. Die Schweizer Arbeitgebergesellschaft muss sich demzufolge in Deutschland für die Zwecke der Sozialversicherung als Arbeitgeberin registrieren und die Lohnbeiträge fortan in Deutschland abrechnen und bezahlen.

Um das «Kippen» der Sozialversicherungspflicht von der Schweiz (Erwerbsland) ins Wohnsitzland zu verhindern, darf der Mitarbeitende nicht mehr als 25% seiner Arbeitszeit im Home-Office verbringen. Es ist zu empfehlen, mit dem Mitarbeitenden eine entsprechende schriftliche Vereinbarung (z.B. als Zusatz zum bestehenden Arbeitsvertrag) zu vereinbaren.

Achtung: Wenn Sie Mitarbeitende beschäftigen, die in mehr als zwei Staaten arbeiten oder aber in Ländern ausserhalb der Europäischen Union wohnen oder eine andere Staatsbürgerschaft (als Schweiz/EU) besitzen, gelten höchstwahrscheinlich andere Regeln, die anhand des Einzelfalls zu analysieren sind.

Besteuerung des Erwerbseinkommens (Quellensteuer)

Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland, die in der Schweiz arbeiten, sind in der Regel gestützt auf das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem jeweiligen Land in der Schweiz für das hier erzielte Erwerbseinkommen steuerpflichtig. Die Steuern werden in der Schweiz mit der Quellensteuer erhoben, die vom Schweizerischen Arbeitgeber einzubehalten und abzuführen ist. Besondere Regeln gelten teilweise für Grenzgänger: In Deutschland wohnhafte und in der Schweiz erwerbstätige Grenzgänger zum Beispiel versteuern ihr Erwerbseinkommen in Deutschland, jedoch wird vom Schweizer Arbeitgeber eine Quellensteuer von 4.5% einbehalten. Grenzgänger aus Italien und Österreich versteuern ihr Erwerbseinkommen in der Schweiz, wobei die Schweiz dafür gewisse Beträge an den Wohnsitzstaat überweist. Bei Grenzgängern aus Frankreich gelten sogar unterschiedliche Regeln, je nachdem in welchem Kanton die Arbeitnehmenden beschäftigt sind.

Arbeiten Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland vermehrt im Home-Office, kann sich für das Erwerbseinkommen eine teilweise Steuerpflicht im Wohnsitzland ergeben wo bisher eine Steuerpflicht in der Schweiz bestand (bzw. eine teilweise Steuerpflicht in der Schweiz, wo bisher eine Steuerpflicht im Wohnsitzland bestand). Die Arbeitgeberin und / oder der Arbeitnehmer muss also genau dokumentieren, an wie vielen Tagen die Person im Home-Office arbeitet.

Beispiele:

  • Eine in Österreich wohnhafte Person wurde bisher als Grenzgänger für das gesamte Erwerbseinkommen in der Schweiz besteuert (Quellensteuer). Wird diese Person fortan zwei Tage pro Woche im Home-Office arbeiten darf die Schweizer Arbeitgeberin grundsätzlich nur für die übrigen drei Tage, an denen die Person in der Schweiz arbeitet, die Quellensteuer einbehalten (d.h. es besteht nur eine Quellensteuerpflicht für 60% des Einkommens). Das restliche Einkommen wird in Österreich besteuert.
  • Eine in Deutschland wohnhafte Person wurde bisher als Grenzgänger für das gesamte Erwerbseinkommen in Deutschland besteuert, in der Schweiz wurde eine Quellensteuer von 4.5% einbehalten. Wird diese Person fortan zwei Tage pro Woche im Home-Office arbeiten entfällt die Grenzgängereigenschaft. In Folge muss die Schweizer Arbeitgeberin nur für die übrigen drei Tage, an denen die Person in der Schweiz arbeitet, die Quellensteuer einbehalten und zwar zum vollen für diese Einkommenshöhe vorgesehenen Tarif (statt wie bisher 4.5%). Das restliche Einkommen wird Deutschland zur Besteuerung zugewiesen.

Achtung: Auch hier ist die Situation von Land zu Land und im Einzelfall zu analysieren. Zudem bestehen teilweise für leitende Angestellte Abweichungen zu den Grundregeln.

Gerichtsstand / auf Arbeitsverträge anzuwendendes Recht

Arbeiten im Ausland ansässige Mitarbeitende überwiegend oder mehrheitlich (z.B. 60%) von zu Hause aus, kann dies bewirken, dass sich der Gerichtsstand ins Ausland verschiebt und auf das Arbeitsverhältnis ausländisches Recht anwendbar wird. Dies kann folgende Auswirkungen haben:

  • Klagen gegen einen Arbeitnehmenden können nur am ausländischen Wohnsitz eingereicht werden und es gilt die Zuständigkeit der ausländischen (z.B. deutschen) Gerichte.
  • Es gelten ausländische Arbeitnehmerschutzbestimmungen, die in den meisten umliegenden Ländern deutlich «arbeitnehmerfreundlicher» sind als in der Schweiz. So kann beispielweise die Kündigung eines in Deutschland wohnhaften Mitarbeitenden erheblich erschwert werden.

Es ist unter Einschränkungen zulässig, im Arbeitsvertrag (oder in einem Zusatz dazu) zu vereinbaren, dass der Gerichtsstand in der Schweiz liegt und das Schweizerische Recht auf das Arbeitsverhältnis anwendbar bleibt. Dies ist bei Mitarbeitenden, die regelmässig im ausländischen Home-Office arbeiten, dringend zu empfehlen.

Gewinnsteuer des Unternehmens (Betriebsstätteproblematik)

Wenn im Ausland wohnhafte Mitarbeitende vermehrt von zuhause aus arbeiten besteht das Risiko, dass durch die Tätigkeit der Mitarbeitenden im Ausland eine steuerliche Betriebstätte begründet wird. Dies führt dazu, dass die Arbeitgebergesellschaft auch im Wohnsitzland der Mitarbeitenden steuerpflichtig wird. Ob dieses Risiko in der Praxis besteht hängt nicht nur davon ab, wie regelmässig Mitarbeitende im ausländischen Home-Office arbeiten, sondern auch ob ihnen am Geschäftsdomizil ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird und/oder welche Funktionen im Ausland ausgeübt werden. Es ist daher eine genaue Analyse der Tätigkeit der betreffenden Mitarbeitenden nötig, um das konkrete Risiko zu beurteilen (z.B. mittels Arbeitsvertrags oder separatem Stellenbeschrieb).

Beispiel: Die X AG mit Sitz in Zürich beschäftigt zehn Mitarbeitende, wovon vier in Deutschland wohnen. Diese arbeiten inzwischen grösstenteils von zuhause aus und führen dort wesentliche Anteile der Geschäftstätigkeit der X AG aus. Damit begründet die X AG in Deutschland eine steuerliche Betriebstätte und muss fortan ihre Gewinnsteuer teilweise in Deutschland entrichten.

Datenschutz

Insbesondere EU-Staaten haben viel strengere Datenschutzgesetze als die Schweiz. Diese müssen eingehalten werden, sobald Mitarbeitende z.B. vom EU-ausländischen Home-Office auf den Server der Schweizer Arbeitgeberin zugreifen können. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass Schweizer Gesellschaften, welche Kunden im EU-Raum haben, die Datenschutzgesetze der EU ohnehin einhalten müssen (unabhängig davon, ob Mitarbeitende mit Wohnsitz im Ausland beschäftigt werden.

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